Nachhaltigkeit und Pensionskassen

2 August 2022
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Vorsorgeeinrichtungen und Personalfürsorgestiftungen nehmen eine wichtige Rolle ein, wenn es um Nachhaltigkeit geht, denn sie können ihre Investitionen und Finanzströme gezielt in spezifische Sektoren lenken. Mit einem Anlagevolumen von über 1000 Milliarden Schweizer Franken verfügen sie über eine grosse Hebelwirkung.

Immer mehr Pensionskassen sind sich dieser Verantwortung bewusst und implementieren Nachhaltigkeitsprinzipien in ihre bestehenden Anlageprozesse. Während einige dies aus eigener Überzeugung tun, werden andere von ihren Stifterfirmen und ihren Versicherten dazu aufgefordert.

Wie können Pensionskassen nachhaltiger werden und was bedeutet der Begriff ESG, der immer häufiger anstelle von Nachhaltigkeit verwendet wird?

 

Der Begriff ESG definiert sich über folgende Themengebiete:

 

E – Environment
Unter der Überschrift Environment betrachtet man Themen wie Umweltverschmutzung und Umweltgefährdung, Treibhausgasemissionen oder Energieeffizienz. Bei diesem Umweltaspekt spielen eine klare Strategie zum Klimaschutz, ein effizientes und schonendes Ressourcenmanagement und der Einsatz von erneuerbaren Energien eine bedeutende Rolle.

S – Social
Social beinhaltet Aspekte wie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Diversität oder gesellschaftliches Engagement (Corporate Social Responsibility). Unternehmen mit ESG-Kriterien verpflichten sich, gerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Menschenrechte zu achten, den Mitarbeitenden Zugang zu Weiterbildungen zu ermöglichen und Investitionen in die Sicherheit am Arbeitsplatz sowie die Gesundheit zu tätigen. Darüber hinaus werden Zwangsarbeit und Kinderarbeit ausgeschlossen.

 

G – Governance
Unter Governance wird eine nachhaltige Unternehmensführung verstanden. Dazu zählen Themen wie Unternehmenswerte oder Steuerungs- und Kontrollprozesse (Corporate Governance). Bei der Unternehmensführung stellen unabhängige Aufsichtsgremien sicher, dass Korruption oder wettbewerbswidriges Verhalten ausgeschlossen werden.

 

Immer mehr Versicherte und Arbeitgeber erwarten von ihrer Vorsorgeeinrichtung, dass sie ihre Geschäftstätigkeiten an ESG-Kriterien ausrichtet. Dazu gehört insbesondere, dass die Anlagestrategie nebst Risiko- und Renditepotenzial auch nach ESG-Kriterien zu definieren ist.

 

Was tun Vorsorgeeinrichtungen im Bereich ESG?

Viele Vorsorgeeinrichtungen haben sich in den letzten Jahren mit diesem Thema befasst. Auf dem Markt ist klar erkennbar, dass ein Richtungswechsel hin zu einer nachhaltigen Geschäftspolitik stattfindet. Den grössten Hebel sehen die Vorsorgeeinrichtungen in der Integration von Nachhaltigkeitskriterien in ihren Anlagestrategien.

 

In einem ersten Schritt wenden die meisten Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz die Ausschlussliste des Vereins für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK-ASIR) an. Dieser Verein führt eine Liste von Unternehmen, die nachweislich gegen Schweizer Gesetze und von der Schweiz ratifizierte internationale Konventionen verstossen.

 

Weiter investieren immer mehr Vorsorgeeinrichtungen in Finanzprodukte, die sich an ESG-Standards orientieren. Viele Vermögensverwaltungsinstitute und Banken bieten mittlerweile eine grosse Produktpalette, die es auch kleineren Vorsorgeeinrichtungen ermöglicht, eine nachhaltige Anlagestrategie effizient und kostengünstig umzusetzen.

 

Einige Vorsorgeeinrichtungen, vor allem aus dem öffentlich-rechtlichen Sektor und privatrechtlich organisierten Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen, gehen noch einen Schritt weiter und wenden bei ihren Anlagen konsequent ESG-Kriterien an. Sämtliche in Frage kommenden Unternehmen aus dem definierten Anlageuniversum müssen ein Nachhaltigkeitsscreening durchlaufen und nur diejenigen, welche die definierten Kriterien erfüllen, kommen überhaupt in die engere Auswahl und werden im Anschluss einer klassischen Finanzanalyse unterzogen. Einige spezialisierte Beratungsunternehmen und Banken unterstützen die Vorsorgeeinrichtungen in diesem Auswahlprozess.

 

Nachhaltigkeit zulasten der Rendite?

Einige bereits seit Jahren bestehende Sammeleinrichtungen beweisen, dass eine konsequente Ausrichtung auf nachhaltige Anlagen durchaus erfolgreich sein kann. Nachhaltiges Investieren führt dabei nicht – wie noch oft in den Köpfen festgesetzt – zu weniger Ertrag und mehr Kosten.

 

In den letzten Jahren haben Produkte mit einem höheren ESG-Rating deutlich bessere Renditen erreicht als Anlagen mit einem niedrigeren ESG-Rating. Finanzexperten erwarten langfristig, dass ESG-konforme Unternehmen eine höhere Rendite erzielen, weil sie schlichtweg besser für die Zukunft aufgestellt sind als Unternehmen, welche die Transformation hin zu ESG nicht vollziehen. Institutionelle Investoren werden künftig «ESG-Sünder» zunehmend meiden.

 

Vorsorgeeinrichtungen kommt die treuhänderische Aufgabe zu, eine möglichst gute Rendite für ihre Versicherten zu erzielen. Das oberste Ziel ist es dabei, die finanzielle Stabilität der Vorsorgeeinrichtung auch für zukünftige Generationen zu sichern. Eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Anlagestrategie kann mitunter helfen, dieses Ziel zu erreichen.

 

Auswahl einer «nachhaltigen» Pensionskasse

Unternehmen und Organisationen ohne eigene Vorsorgeeinrichtung schliessen sich bestehenden Gemeinschafts- und Sammeleinrichtungen an. Bei der Auswahl einer passenden Vorsorgeeinrichtung nach den klassischen Beurteilungskriterien wie Deckungsgrad, Verzinsung und angemessen Risiko- und Verwaltungskostenbeiträgen wird vermehrt auch darauf geachtet, wie sich die Vorsorgeeinrichtungen bezüglich Nachhaltigkeit verhalten.

 

Verlingue unterstützt bei der Suche nach einer geeigneten Vorsorgeeinrichtung. Im Rahmen einer Marktsubmission werden dabei die Anforderungen bezüglich Nachhaltigkeit definiert. Für die Beurteilung findet meist auch ein persönlicher Austausch mit der Pensionskasse statt, um den vorgegeben Anlageprozess zu besprechen und deren Verständnis von Nachhaltigkeit zu erfahren. Wichtig ist, dass sich die Firmen und ihre Versicherten mit den definierten Nachhaltigkeitskriterien einer Vorsorgeeinrichtung identifizieren können.

 

Autor:
Marco Hofstetter
Bereichsleiter BVG